Geschichte der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft

Kurzer Überblick

Die Ritterschaft prägt seit über 800 Jahren unser Land: Im 12. Jahrhundert werden die ersten ritterschaftlichen Familien urkundlich erwähnt. Doch erst mit dem Vertrag von Ripen (2. März 1460) wird der zunächst lose Verbund der landtagsfähigen Ritter bzw. später adeligen Gutsbesitzer des Landes als Stand mit weitreichenden Privilegien etabliert. Ein besonders schönes Zeitzeugnis ist die Privilegienlade von 1503, die heute in Schloss Gottorf steht.

Der Vertrag von Ripen war insofern ein Meilenstein, als sich die Ritter des Herzogtums Schleswig und der Grafschaft Holstein zum ersten Mal mit nie dagewesenem Selbstbewusstsein zusammenschlossen und ihren Lehensherren selbst wählten, nachdem Adolf VIII. 1459 ohne Nachkommen gestorben war. Ziel der Ritter war es, einen dauerhaften engen Verbund der Länder ohne neue Konflikte und mögliche Kriegsherde zu gewährleisten. Deshalb war Christian I. von Dänemark der Mann der Wahl: Schleswig, Holstein und Dänemark wurden so von ihm in Personalunion regiert und er wurde praktisch sein eigener Lehensmann. Die Ritterschaft erhielt im Gegenzug für die Bevorzugung Christians gegenüber seinem Konkurrenten Graf Schauenburg das Recht, die Nachfolger jeweils selbst zu erwählen – nicht automatisch wurden also die dänischen Könige auch Lehensherren von Schleswig und Holstein. Viele weitere Rechte sicherte die Handfeste, wie der Vertrag historisch korrekt heißt, der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft zu, darunter u.a. die Kriegs-, Steuer- und Münzbewilligung. Die bekannteste Passage des Vertrags ist bis heute „dat se bliven ewich tosamende ungedelt“ – politisch wie wirtschaftlich für die Ritter von Belang, die meist über die Landesgrenzen hinaus Besitz hatten.

Weilte der König nicht im Land, stellte die Ritterschaft zeitweise ein mehrköpfiges Regierungsgremium. Auch sonst war sie lange Zeit ausgesprochen mächtig – das reicht vom Landtag mit seinen Handels- und Finanzgeschäften, dem Umschlag, des Spätmittelalters bis ins 17. Jahrhundert. Die Ritter hatten die Finanzkraft, aber auch die Rechtsprechung inne. Sie machten Geschichte und Geschäfte. Mit Aufkommen des Absolutismus verlor die Schleswig-Holsteinische Ritterschaft allerdings allmählich an politischer Bedeutung, bis sie im 19. Jahrhundert im Zuge der Nationalrückbesinnung noch einmal die Räder der Geschichte ins Rollen brachte: So erklärte Friedrich Christoph Dahlmann, Historiker und Sekretär der schleswig-holsteinischen Ritterschaft, den Vertrag von Ripen zu einer Art Grundgesetz nicht nur für die Stände, sondern für die Herzogtümer als Ganzes. Während auf einmal die nationalen Gegensätze zwischen Deutsch und Dänisch die Länder entzweiten, hielten Ritterschaft und bald auch weite Teile der ursprünglich liberalen schleswig-holsteinischen Bewegung den Vertrag für ihr „historisch verbrieftes Recht“. Die Erbansprüche des Herzogs Christian August von Augustenborg verstärkten dies zusätzlich.

Schließlich kam es zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung von 1848 und letztlich zu den Deutsch-Dänischen Kriegen; die Passage „up ewich ungedelt“ wurde durch ein Gedicht des schleswig-holsteinisch gesinnten Apenrader Arztes August Wilhelm Neuber zu einem politischen Schlagwort. 1864 fand der Gesamtstaat nach über 600 Jahren unter dänischer Krone sein Ende, Schleswig und Holstein lösten sich vom Königreich. Bis heute sind die Spuren der Verbindung zu Dänemark zu sehen und zu erleben – nicht zuletzt auf politischer Ebene, wo der Südschleswigsche Wählerverband SSW eine Sonderregelung im Landtag genießt.

Heute ist die Schleswig-Holsteinische Ritterschaft ein Verbund von Familien, denen einerseits eine reiche Vergangenheit, andererseits aber das „Machen“ gemeinsam ist. Wer auf Streifzug durchs Internet geht, findet diverse Zeugnisse davon, wie die Ritter der Jetztzeit für den Erhalt der inzwischen zu Kulturdenkmalen gewordenen Häuser, Höfe und Anlagen arbeiten. Vor allem aber auch durch die vier Adeligen Klöster ist die Ritterschaft für die Öffentlichkeit wahrzunehmen.

Mit der Ritterschaftlichen Gesellschaft Schleswig-Holstein/Lauenburg e.V. sorgt sie zudem dafür, dass Geschichte erlebbar wird: Bestes Beispiel sind dafür die von ihr spendierten Schulausflüge ins Landesmuseum Schloss Gottorf, bei denen Kinder auf altersgemäße Weise lernen, wie unser Land zu dem wurde, was es ist.