St.-Johannis-Kloster vor Schleswig

1194 als Benediktinerinnenkloster direkt am nördlichen Schleiufer gegründet, wurde St. Johannis im Zuge der Reformation vom König aufgelassen und 1536 von der schleswig-holsteinischen Ritterschaft als Damenstift übernommen. Unverändert blieb die Anzahl der Konventplätze – die ehemals zehn Nonnensitze wurden nun von zehn Konventualinnen eingenommen.

Unter den schleswig-holsteinischen Klöstern gilt St. Johannis als die wohl besterhaltene mittelalterliche Klosteranlage: Noch immer zeugen die romanische Kirche, der vollständig erhaltene Kreuzgang, Kapitelsaal und Remter von der reichen Vergangenheit. Zum Kloster gehörten über Jahrhunderte umfangreiche Ländereien in der Umgebung von Schleswig: Im 14. Jahrhundert erhielt es das Patronat über die Kirche Sankt Marien in Kahleby (heute ein Ortsteil von Schaalby). Im 15. Jahrhundert kamen weitere Ländereien in Angeln und östlich des Haddebyer Noors hinzu. Bis zum 19. Jahrhundert umfasste der Besitz des Klosters 84 Bauernhöfe, 140 kleinere Landstellen, vier Mühlen und drei Kirchen. Die Gesamtfläche betrug mehr als 6500 Hektar und schloss ganze Dörfer wie Jagel ein. Im 19. Jahrhundert wurden diese Flächen verkauft.

In der langen Tradition der Pröbste und Priörinnen des Klosters stehen heute Moritz Graf zu Reventlow und Ina v. Samson-Himmelstjerna. Konventualinnen gibt es noch immer, doch lebt bis auf die Priörin keine davon in St. Johannis. Teile des Klosters werden für Kulturveranstaltungen und Trauungen genutzt. Im ehemaligen Probstenhaus hat mittlerweile das Nordelbische Bibelzentrum seinen Sitz, der Garten wird als „Bibelgarten“ genutzt. Finanzierung und Erhalt der Klosteranlage erfolgen vorwiegend durch Vermietung der sonstigen Gebäude und Wohneinheiten rund um den Kreuzgang. Um die Restaurierung der Anlage kümmert sich – neben der öffentlichen Hand – der Freundeskreis St.-Johannis-Kloster e.V.

Klosteranlage und -schätze

Die unter Denkmalschutz stehende Anlage ist über Jahrhunderte zu dem heutigen Komplex gewachsen: Brände in den Jahren 1299 und 1487 führten zu massiven Zerstörungen und anschließendem Wiederaufbau, im 17. und 18. Jahrhundert kamen neue Gebäude hinzu. Die Außenanlagen sind frei zugänglich, das Innere des Klosters kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden.

Im wesentlichen ist St. Johannis nach dem St. Galler Klosterplan (9. Jahrhundert) aufgebaut. Im Norden der Anlage steht die zwischen 1200 und 1230 errichtete einschiffige, romanische Klosterkirche. Sie besteht aus Turm, Langhaus und Chor, die sich unter einem gemeinsamen Satteldach befinden. Statt eines weithin sichtbaren Turmes schmückt die Kirche ein einfacher Dachreiter. An der Westwand des Langhauses wurden 1936 Überreste gotischer Fresken aus dem 15. Jahrhundert freigelegt, die in späteren Jahrhunderten übermalt und teilweise von dem eingezogenen Kreuzrippengewölbe unterhalb der Empore überdeckt worden waren. Oberhalb des Langhauses mit dem Gestühl für die Bevölkerung befindet sich hinter einer bemalten Balustrade die Nonnenempore aus der Zeit um 1240. Sie dient heute als Orgelempore.

Ein Chorportal aus der Zeit zwischen 1505 und 1525 trennt das Langhaus vom Chor. Auf ihm ist eine ungewöhnliche Kreuzgruppe zu sehen: Der Leib Christi und die Kreuzinschrift INRI sind sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite des Kreuzes angebracht. Links und rechts die Statuen der Maria und des Johannes. Den Altarraum dominieren der Hauptaltar mit einem 1712 datierten Gemälde des Gekreuzigten von D. Oberdorff, die Kanzel und die zehn Gebetsstübchen der Konventualinnen aus der Zeit zwischen 1711 und 1717. Neben dem Hochaltar an der Ostwand ragt das um 1450 entstandene spätgotische Sakramentshaus 4,5 Meter in die Höhe. An den Wänden rund um den Altar hängen die Totenschilde der verstorbenen Konventualinnen. Verschiedene von den Stiftsdamen geschenkte Plastiken und Gemälde schmücken die Wände der Kirche, darunter eine Maria im Strahlenkranz und ein Bartholomäus aus der Spätgotik.

Zu den Klosterschätzen zählen einige überaus wertvolle Gegenstände, darunter Tafelsilber, das aus dem Haus des Dichters Johann Wolfgang von Goethe stammt. Im Kapitelsaal, direkt neben der Klosterkirche befinden sich weitere besondere Ausstattungsgegenstände. Von hoher immaterieller Bedeutung ist der um 1400 geschnitzte Kopf Johannes des Täufers aus Eichenholz in einer Schüssel, der sogenannten Johannisschüssel. Dieser Kopf ist bei allen wichtigen Ereignissen im Kloster anwesend – ohne ihn sind die Konventualinnen nicht beschlussfähig. Zum Aufnahmeritual gehört es zudem, dass die Anwärterin auf einen Platz im Konvent den hölzernen Kopf des heiligen Johannes küsst. In dem Gedicht „Das Haupt des heiligen Johannes in der Schüssel“ formuliert Detlev von Liliencron:

„Doch er [Isern Hinnerk] machte die Bedingung,
Jedes Fräulein, das zur Nonne
Werden wollte, werden musste,
Sollte küssen diesen Kopf.“

Auf einem Gewölbekeller aus dem 13. Jahrhundert im südlichen Teil der Anlage steht der nach dem Brand 1487 errichtete Remter, das ehemalige Refektorium. Er ist der einzige unterkellerte Teil des Klosters. Das hier aufbewahrte, mit Schnitzereien reich verzierte zehnsitzige Nonnenchorgestühl von 1240 stand ursprünglich in der Nonnenempore der Kirche. An den Wänden hängen die Gegenstücke der Totenschilde aus dem Altarraum der Kirche. Auf der kleinen Schrankorgel aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts soll in den 1840er Jahren der damalige Kantor der Klosterkirche, Carl Gottlieb Bellmann, die Melodie des Schleswig-Holstein-Lieds „Schleswig-Holstein meerumschlungen“ komponiert haben.

Die einzelnen Teile der Anlage verbindet der vierflüglige Kreuzgang, der sogenannte Schwahl. Er rahmt mit seinem Kreuzrippengewölbe aus dem 14. Jahrhundert den Klosterhof ein. Rund um den Kreuzgang sind die Wohnbereiche angeordnet. Auch die Nonnenempore und der Chor sind vom Schwahl aus zu erreichen, um die Nonnen direkt zu ihrem Chorgestühl bzw. die Konventualinnen zu ihren Gebetsstübchen zu führen. Der Ostflügel wurde 1899/1900 größtenteils neu errichtet.

Auf dem Friedhof neben der Klosterkirche liegen die Gräber der Priörinnen von St. Johannis. Auch Bellmann und seine Frau wurden auf dem Friedhof neben der Klosterkirche beigesetzt, ein Grabstein und eine Gedenktafel an der Klostermauer erinnern an ihn.